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Selbstbindung bei Eignungsprüfung

Selbstbindung bei Eignungsprüfung

  • 12. September 2008

1. Hat der Auftraggeber für Eignungsnachweise die Verwendung eines Vordrucks gefordert und stellt er bei der Prüfung auf der zweiten Wertungsstufe fest, dass das Formular nicht vollständig ausgefüllt ist, muss er grds. nicht das Angebot in seinen sonstigen Teilen darauf inhaltlich danach bewerten, ob dort die fehlenden Angaben zu finden sind – Vollständigkeit der Angaben. Dies gilt insbesondere bei in zahlreiche gleichartige Lose aufgeteilten Massenausschreibungen mit identischen Verdingungsunterlagen und einer hohen Zahl von Bietern. Gerade hier hat der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse daran, die Angebote nach Maßgabe eines Vordrucks auf ihre formale Vollständigkeit zu kontrollieren und die wertungsrelevanten Umstände nicht aus einem umfangreichen Angebot zusammenzusuchen.

2. Etwas anderes gilt dann, wenn konkrete Anhaltspunkte nahe legen, dass die fehlenden Angaben an einer anderen Stelle des Angebots nachgeholt sind.

3. Ein Angebot kann auch dann nicht wegen formeller Unvollständigkeit ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber es trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes auf der zweiten Wertungsstufe einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und wenn er dabei die fehlenden Angaben zur Eignung hätte feststellen können. Die Pflicht, diese Angaben zur Kenntnis zu nehmen, resultiert aus der mit der Entscheidung, die Bewertung fortzusetzen, eintretenden Selbstbindung, denn damit bringt der Auftraggeber zum Ausdruck dass er sich weitere Erkenntnisse über den Angebotsinhalt verschaffen will.

4. Der Verwertung der bei der inhaltlichen Prüfung eines Angebots möglichen Erkenntnisse kann der Auftraggeber sich nicht deswegen entziehen, weil er die Angebotsbewertung arbeitsteilig verschiedenen Prüfgruppen übertragen hat. Der durch eine solche Organisation der Angebotsbewertung bestehenden Gefahr, dass in einem Prüfungsabschnitt gewonnene relevante Informationen nicht an die anderen Prüfgruppen weiter geleitet werden und unbeachtet bleiben, muss der Auftraggeber durch organisatorische Vorkehrungen begegnen. Die Bieter dürfen bei arbeitsteiligem Bewertungsablauf nicht anders stehen, als wenn eine einzige Person die Angebote bewertet hätte.

-OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.09.2008 – VII-Verg 28/07-