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Planfeststellung Nordumgehung Hildesheim – Himmelsthür ist rechtswidrig

Planfeststellung Nordumgehung Hildesheim – Himmelsthür ist rechtswidrig

  • 11. September 2008

Der Planfeststellungsbeschluss für die Verlegung der Bundesstraße 1 nördlich von Hildesheim, Ortsumgehung Himmelsthür, ist auch in der Form des Ergänzungsbeschlusses der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom 28. Februar 2007 rechtswidrig und nicht vollziehbar. Das Vorhaben – der ca. 3,5 km lange westliche Teil einer geplanten künftigen vierspurigen Ortsumgehung – ist mit wesentlichen Erhaltungszielen des in die Liste der EU-Kommission aufgenommenen FFH-Schutzgebiets Nr. 115 „Haseder Busch, Gallberg, Finkenberg“ nicht vereinbar und damit unzulässig. Es ist nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass der Erhaltungszustand des europarechtlich streng („prioritär‘) geschützten Lebensraumtypes „Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien, besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen“ durch Stickstoffeinträge erheblich beeinträchtigt wird. Die strengen Voraussetzungen für eine Ausnahme sind nicht gegeben. Nach den Verkehrsgutachten würde durch die geplante Ortsumgehung als solche keine durchgreifende Entlastung der B 1 in der Innenstadtlage eintreten, weil dort der Regional- und Ortsverkehr dominiert. Fortschritte im Hinblick auf die Verkehrssicherheit sind nach den Untersuchungen nur als Teil eines wesentlich weiträumigeren Verkehrsverlagerungs- und Sicherheitskonzeptes denkbar. Ein solches wird gegenwärtig nur diskutiert; die Überlegungen haben jedoch noch keinen so verbindlichen Planungsstand erreicht, dass sie rechtlich bei einer Ausnahmegewährung bereits berücksichtigt werden könnten. Das Gewicht der öffentlichen Interessen am Bau der Ortsumgehung erlaubt es allenfalls, von der im FFH-Schutzgebiet mehrfach stattfindenden Beeinträchtigung solcher Lebensraumtypen und Tierarten Ausnahmen zuzulassen, die europarechtlich nicht als „prioritär“ eingestuft sind. Auch in dieser Situation erscheint es rechtlich nicht unmöglich, die Voraussetzungen für eine Zulassung noch ergänzend zu schaffen. Das wäre unter anderem von einer vorherigen Stellungnahme der EU-Kommission abhängig, welche die beklagte Landesbehörde nicht eingeholt hat. Da eine letztlich doch positive Entscheidung für das Projekt damit nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, ist der Planfeststellungsbeschluss nicht aufzuheben, sondern „lediglich“ für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

-Nieders. OVG, Urt. v. 11.09.2008 – 7 KS 1269/00-