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Erbrecht und Erbschaftssteuer

Erbrecht und Erbschaftssteuer

  • 19. Januar 2015

Erbvertrag und spätere Testamente.

Ein Erbvertrag zwischen zwei Parteien kann nicht durch ein späteres Testament der überlebenden Partei umgangen werden.

Die im Jahre 2014 verstorbene Erblasserin hinterließ drei Töchter A, B und C. Ihr Ehemann war bereits im Jahr 1963 vorverstorben. Ab 1968 lebte sie mit ihrem neuen Partner (in nichtehelicher Lebensgemeinschaft) und ihrer 12Jährigen Tochter C zusammen. Der neue Partner der Erblasserin baute mit ihr gemeinsam den in ihrem Alleineigentum stehenden Wohnsitz aus. Am 19.02.1973 verfasste die Erblasserin ein notarielles Testament, worin ihr Partner als Vorerbe und seine, sowie ihre Kinder als Nacherben eingesetzt wurden. 7Jahre später schlossen sie und ihr Partner einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Gleichseitig sollte nach dem Tod des zuletzt Lebenden die Tochter C, ersatzweise deren Kinder, als Schlusserbin eingesetzt werden. Weiterhin sollte der überlebende Partner berechtigt sein, in einem Testament weitere Teilungsverfügungen zu treffen. Nach dem Tod ihres Partners machte die Erblasserin davon mehrmals Gebrauch. In ihrem letzten Testament 2011 setzte sie die Tochter A als Alleinerbin ein. Nach dem Tod der Erblasserin beanspruchten sowohl A, als auch C das Erbe für sich. Das Nachlassgericht entschied zu Gunsten von C, weswegen A Beschwerde beim Oberlandesgericht einreichte. Das OLG gab C Recht. Gem. § 2289 I S. 2 BGB seien die späteren Testamente unwirksam. Der Erbvertrag sei insofern auszulegen. Unter Berücksichtigung des eindeutigen Willens, die Tochter C als Schlusserbin einzusetzen und der persönlichen Bindung zwischen der Erblasserin, ihrem Partner und der Tochter C, sei das Testament insofern unwirksam, als es dem Erbvertrag entgegenläuft. Die Tochter C beerbte ihre Mutter als Alleinerbin, während ihre Schwester A auf ihren Pflichtteil verwiesen wurde.

OLG München, Beschluss v. 03.11.2014, 31 Wx 280/14

Exhumierung zur Feststellung der Vaterschaft.

Die Antragstellerin wollte die Vaterschaft des 2011 verstorbenen Erblassers bestätigt wissen. Der ehelichte Sohn dessen verweigerte jedoch die Exhumierung der Leiche. Nach zahlreichen Verfahren durch die Instanzen, entschied nun der BGH zu Gunsten der Antragstellerin.

Demnach überwiege ihr Recht an der Kenntnis der eignen Abstammung das postmortale Persönlichkeitsrecht des Vaters. Unschädlich sei dabei auch, wenn die Antragstellerin auch erbrechtliche und damit finanzielle Interessen verfolge.

BGH, Beschluss v. 29.10.2014, XII ZB 20/14

Ich bin „ein für alle Mal abgefunden“!

Das OLG Hamm musste sich mit der Frage beschäftigen, ob die oben getätigte Aussage einer Miterbin einen Erbverzicht enthält, oder nicht.

Nach dem Tod des 62jährigen Familienvaters, stellte das Nachlassgericht antragsgemäß einen Erbschein aus, wonach die Ehefrau zu ½ und die beiden Kinder je zu ¼ beerbt werden sollten. In einem darauf folgenden „Erbauseinandersetzungsvertrag“ übertrug die Tochter ihren Anteil gegen Zahlung von 100.000,00 € an ihren Bruder und erklärte, dass sie mit der „Zahlung des Betrags vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Mal abgefunden sei“. Als die Mutter 2013 verstarb und der Sohn sich einen Erbschein ausstellen lassen wollte, protestierte die Tochter, da sie mit ihrer Erklärung lediglich auf das Erbe des Vaters, nicht aber auf das der Mutter verzichtet hätte. Das OLG Hamm vertrat die Ansicht des Sohnes. Durch die Bezeichnung des „elterlichen Vermögens“ sei der Vertrag dahingehend auszulegen, dass sowohl ein Erbverzicht bezüglich des Vaters, als auch bezüglich der Mutter geregelt werden sollte. Dass dabei nicht ausdrücklich das Wort „Erbverzicht“ gefallen ist, sei unschädlich.

OLG Hamm, Urteil v. 22.07.2014, 15 W 92/14

Ein undurchsichtiges Testament.

Wird in einem Einzeltestament die Erbeinsetzung gemäß „Wiederverheiratungsklausel“ einschließlich „Berliner Testament“ verfügt und kann nicht festgestellt werden, welche inhaltlichen Vorstellungen der Erblasser damit verbunden hatte, besteht keine wirksame Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten.

Der 2013 verstorbene Ehemann wollte ein „Berliner Testament“ mit folgendem Inhalt verfassen:

„Mein Testament: Nach meinem Ableben soll die Erbschaft gemäß dem „Berliner Testament“ erfolgen einschließlich der Wiederverheiratungsklausel.“

Dies tat er allerdings allein und nicht mit seiner Ehefrau gemeinsam. Als die Ehefrau sich einen Erbschein ausstellen lassen wollte, traten die Kinder dem entgegen. Das OLG entschied nun zu Gunsten der Kinder. Aus dem Testament sei nicht zu entnehmen, welche Vorstellung der Erblasser von den genannten Klauseln hatten. Da er offensichtlich auch nicht wusste, dass ein solches Testament nur von ihm und seiner Frau gemeinsam abgeschlossen werden kann, sei auch nicht davon auszugehen, dass er wisse, was diese Klauseln überhaupt bedeuten. Demnach habe, so das Gericht, die Verteilung nach der gesetzlichen Erbfolge zu erfolgen.

OLG Hamm, Beschluss v. 22.07.2014, 15 W 98/14

Erbschaftssteuer teilweise verfassungswidrig.

Wie nun das BVerfG entschied, seien die Regelungen über die Erbschaftssteuer teilweise verfassungswidrig. Zum einen kritisierte das Gericht, die Privilegierung von Betriebsvermögen. Zwar dürfen kleinere und mittlere Unternehmen auch zukünftig entlastet werden, allerdings sei eine solche Privilegierung ohne Bedürftigkeitsprüfung unzulässig. Außerdem kritisierte das Gericht, dass Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten für diese Steuervorteile keine Mindestlohnsumme einbehalten müssen. Auch die Tatsache, dass Betriebsvermögen mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen von der Erbschaftssteuer verschont bleiben, kann nicht zum Erhalt von Arbeitsplätzen dienen.
Der Gesetzgeber hat nun bis 30. Juni 2016 Zeit eine Neuregelung zu treffen.

BVerfG, Urteil v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12

Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeit.

Nach Entscheidung des FG Münster, dürfe das Finanzamt die Erbschaftssteuer bei einem Insolvenzverfahren nicht durch Freistellungsbescheid als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.

Der Kläger wurde als Insolvenzverwalter über ein Nachlassinsolvenzverfahren bestellt. Das Finanzamt erließ einen Feststellungsbescheid, in welchem es die Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend machte. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Das FG gab ihm Recht. Ein Feststellungsbescheid dürfe nur Forderungen betreffen, die aus dem Insolvenzverfahren herrühren. Bei einem Nachlassinsolvenzverfahren seien dies Forderungen aus dem Nachlass, also solche des Erblassers. Die Erbschaftssteuer hingegen, knüpft an die Person des Erben an, der auch im Gesetz als steuerpflichtige Person bezeichnet wird. Das Finanzamt könne die Erbschaftssteuer demnach nicht als Nachlassverbindlichkeit geltend machen. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II R 34/14 anhängig.

FG Münster, Urteil v. 30.4.2014, 3 K 1915/12 Erb