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Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB bei beschädigter Zylinderkopfdichtung und gerissenen Ventilstegen eines Gebrauchtwagens

Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB bei beschädigter Zylinderkopfdichtung und gerissenen Ventilstegen eines Gebrauchtwagens

  • 18. Juli 2007

Der Kläger erwarb – nach seinen Angaben als Verbraucher – von dem Beklagten, der einen Kraftfahrzeughandel betreibt, einen gebrauchten Personenkraftwagen mit einem Kilometerstand von 159.100 km zum Kaufpreis von 4.490 €. Etwa vier Wochen nach Übergabe wurde in einer Fachwerkstatt Kühlmittelmangel festgestellt. Nach der Demontage des Zylinderkopfes stellte sich weiter heraus, dass die Zylinderkopfdichtung defekt und die Ventilstege gerissen waren. Nachdem der Kläger den Beklagten vergeblich zur Mangelbeseitigung aufgefordert hatte, erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und erhob Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Ein Rücktrittsrecht des Klägers besteht nur dann, wenn die nach der Übergabe festgestellten Fahrzeugmängel schon bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorhanden waren. Diese zwischen den Parteien streitige Frage konnte im Prozess nicht geklärt werden. Diese Ungewissheit wirkt sich zwar grundsätzlich zu Lasten des Käufers aus. Für den Verbrauchsgüterkauf – den Kauf einer beweglichen Sache durch einen Verbraucher von einem Unternehmer – greift jedoch gemäß § 476 BGB aus Gründen des Verbraucherschutzes eine Beweislastumkehr ein. Danach wird regelmäßig vermutet, dass ein Sachmangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit der Übergabe an den Käufer zeigt, schon bei der Übergabe vorhanden war. Die Parteien stritten darüber, ob diese Vermutung dem Kläger im Streitfall zugute kommt. Die Vorinstanzen hatten dies unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH in zwei zuvor entschiedenen Fällen verneint.

Der BGH ist dem nicht gefolgt. Soweit er in dem „Zahnriemenfall“ und dem „Turboladerfall“ eine Beweislastumkehr abgelehnt hatte, beruhte das darauf, dass dort nicht geklärt werden konnte, ob der jeweils erst nach Übergabe des Fahrzeugs eingetretene Motor- bzw. Turboladerschaden seinerseits auf einen Mangel oder auf eine andere Ursache wie einen zur sofortigen Zerstörung des Motors führenden Fahrfehler des Käufers bzw. gewöhnlichen Verschleiß zurückzuführen war. Im vorliegenden Fall steht dagegen fest, dass das Fahrzeug mangelhaft ist. Nach dem unstreitigen Sachverhalt haben sich nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger Mängel in Gestalt der defekten Zylinderkopfdichtung und der gerissenen Ventilstege gezeigt. Ungeklärt geblieben ist allein die Frage, ob der Defekt der Zylinderkopfdichtung und die daraus folgende oder dafür ursächliche Überhitzung des Motors, auf die auch das Reißen der Ventilstege zurückzuführen ist, bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger eingetreten waren oder ob sie erst danach entstanden sind. Hier begründet § 476 BGB die Vermutung, dass die Mängel bereits bei Übergabe vorgelegen haben.

Abgelehnt wurde durch den BGH auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, die Vermutung des § 476 BGB greife jedenfalls deswegen nicht ein, weil es sich um Mängel handele, die typischerweise jederzeit eintreten könnten und deshalb keinen hinreichend wahrscheinlichen Schluss darauf zuließen, dass sie schon bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorhanden waren. Diese Ansicht hatte der BGH bereits wiederholt abgelehnt, weil sie den mit der Vorschrift des § 476 BGB bezweckten Verbraucherschutz weitgehend leerlaufen ließe.

Da es für die Endentscheidung weiterer tatsächlicher Feststellungen insbesondere zu den Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs bedarf, wurde das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

-BGH , Urteil vom 18. Juli 2007, Az. VIII ZR 259/06-