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Agent Provocateur

Agent Provocateur

  • 19. Juni 2015

Agent Provocateur

Bisher war es üblich und auch von der Rechtsprechung anerkannt, dass Polizei oder von ihnen Beauftragte, zur Überführung von Straftäter diese zu weiteren Straftaten überredeten bzw. eine Straftat „provozierten“, s.g. Agent Provocateur. Beliebtes Beispiel ist hier die absichtlich offene Wohnungstür, die Diebe geradezu einlädt. Meist handelt es sich dabei um eine „Falle“, um die Täter später dingfest zu machen.

Diese Vorgehensweise wurde nun vom zweiten Strafsenat des BGH abgelehnt. Im vorliegenden Fall ging es um zwei vermeintliche Rauschgifthändler. Diese konnten trotz ausgiebiger Ermittlungen nicht überführt werden, sodass die Polizei verdeckte Ermittler einsetzte. Diese baten die Beschuldigten zunächst, ihnen große Mengen Rauschgift aus den Niederlanden zu beschaffen. Als die Beschuldigten ablehnten, begannen die Ermittler zu drohen, woraufhin die Beschuldigten tatsächlich die erwünschten Mengen Rauschgift beschafften. Dem Landgericht reichte dies als Beweis für frühere Taten aus.

Nach bisheriger Rechtsprechung des BVerfG und des BGH war ein solches Vorgehen von verdeckten Ermittlern auch rechtsstaatlich zu verantworten, solange die Strafe der Täter entsprechend gemildert wird.

Der EGMR entschied am 23.10.2014 (Nr. 54648/09), dass diese Strafzumessungslösung  nicht ausreiche, um den rechtsstaatlichen Eingriff der Ermittler zu rechtfertigen. Immerhin werden hierbei unschuldige Bürger angestiftet Straftaten zu begehen, um diese dann gegen sie zu benutzen.

Der BGH passte sich dieser Rechtsprechung an. Er ließ allerdings offen, ob in allen Fällen rechtswidriger Tatprovokation ein Verfahrenshindernis vorliege. Insoweit käme auch eine „abgestufte“ Lösung, je nach der Schwere des Verstoßes gegen die EMRK in Frage.

Im vorliegenden Fall sei der Eingriff in die Rechte der Beschuldigten allerdings so stark, dass eine andere Kompensation, als durch Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses, nicht in Frage kommt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.06.2015 – 2 StR 97/14

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